Wo bleibt die barrierefreie gynäkologische Versorgung?

Das fragt sich die Politische Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz e.V. und fordert im Vorfeld des Internationalen Frauentags bundesweit für alle Städte und Landkreise entsprechende Angebote.

De facto gibt es in Deutschland nach wie vor nur 4 gynäkologische Spezialambulanzen bzw. –praxen, die für Rollstuhlnutzerinnen umfassend barrierefrei sind.

Das belegte zuletzt eine wissenschaftliche Studie der Universität Bielefeld im Auftrag des Gesundheits­ministeriums von 2019. Es gibt weitere gynäkologische Praxen, die teilweise für Frauen mit Beeinträchtigungen geeignet sind. Sie sind jedoch schwer zu finden, weil die Selbstauskunft von Ärzt*innen unzureichend ist.

„Das führt in der Praxis zu einer Unterversorgung von Frauen mit Beeinträchtigungen“ empört sich Brigitte Faber, Projektleiterin bei Weibernetz e.V.

„Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir im 21. Jahrhundert zwar auf den Mars fliegen können, aber Frauen mit Beeinträchtigungen trotz gesetzlicher Festschreibungen keine ausreichende gynäkologische Versorgung erhalten. Das ist eine Menschenrechtsverletzung!“

In den gynäkologischen Praxen fehlt es aus Sicht der Netzwerke behinderter Frauen, die seit den 1990er Jahren an dem Thema arbeiten, an allem: An räumlicher und kommunikativer Zugänglichkeit, an zugänglichen Strukturen, die bereits bei der Anmeldung anfangen, an Fachkenntnissen, barrierefreien Informationen.

Zudem fehlt es häufig an einer menschenrechtsorientierten Einstellung des medizinischen Personals, die zum Beispiel häufig dazu führt, dass Frauen in Einrichtungen immer noch die 3-Monats-Spritze verordnet wird, unabhängig davon, ob sie überhaupt sexuellen Kontakt haben und ungesehen der möglichen medizinischen Nebenwirkungen.

„Was für alle Frauen normal ist, nämlich an der üblichen gynäkologischen Vorsorge teilnehmen können, sich Verhütungsmittel verschreiben zu lassen, Geburts­vorbereitungs­kurse zu besuchen und so weiter muss auch für Frauen egal mit welcher Beeinträchtigung zur Normalität werden!“ fordert Faber abschließend. Die gesetzliche Krankenversicherung im Sozialgesetzbuch (SGB) V schreibt im § 2a vor, dass alle Gesundheitsleistungen die Versorgung von chronisch kranken und behinderten Menschen sicherstellen müssen.

Auch die UN-Behindertenrechtskonvention sieht in Artikel 25 eine barrierefreie Gesundheitsversorgung vor.

Die bundesweite Politische Interessenvertretung behinderter Frauen im Weibernetz e.V. streitet für die Verbesserung der Lebenssituation von Frauen und Mädchen mit Beeinträchtigung ein. Sie setzt sich gezielt für die Stärkung der Gleichstellung, der Gleichberechtigung und des Gewaltschutzes durch Partizipation und Vernetzung ein. Gefördert wird die Interessenvertretung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.



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