Handlungsempfehlungen

Seit vielen Jahren formulieren Frauen mit Behinderungen und ihre Netzwerke Forderungen und Handlungsempfehlungen. Diese haben mittlerweile Eingang in einen Nationalen Aktionsplan als auch in Empfehlungen eines Forschungsprojektes gefunden.

Nationaler Aktionsplan (NAP) 2.0

In 2016 wurde im „Nationalen Aktionsplan 2.0 der Bundesregierung zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)“ der Ausbau der gynäkologischen Versorgung für Frauen und Mädchen mit Behinderung als zentraler Handlungspunkt festgehalten.

Forschungsprojekt E-Gyn

Zwischen 2018 und 2019 führte die Universität Bielefeld unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Hornberg im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das Forschungsprojekt „Evaluation von Spezialambulanzen und gynäkologischen Sprechstundenangeboten zur gynäkologischen und geburtshilflichen Versorgung von Frauen mit Behinderung“, kurz E-Gyn durch, in dessen Abschlussbericht detaillierte Handlungsempfehlungen aufgeführt werden, darunter auch jene von Frauen mit Behinderungen (S. 65-75).

Forderungen / Handlungsempfehlungen von Frauen und Mädchen mit Behinderung

1. zu räumlichen, technischen sowie kommunikativen Barrieren

  • Grundsätzliche barrierefreie Gestaltung von Praxisausstattungen
  • Stufenweise Schaffung eines flächendeckenden wohnortnahen Angebots umfassend barrierefreier gynäkologischer Praxen (mit verbindlichem Zeitplan) inklusive verkehrstechnisch barrierefreier Angebote in erreichbarer Nähe (Rollstuhlparkplatz, barrierefreier Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)),
  • Bis dahin die Ermöglichung von „Zwischenlösungen“, zum Beispiel die Erbringung ambulanter Leistungen durch Kliniken
  • Kostenübernahme von Maßnahmen als angemessene Vorkehrung
  • Eine Art Monitoringstelle der Kassenärztlichen Vereinigung für die Überprüfung und Umsetzung der Barrierefreiheit bei Praxisneugründungen beziehungsweise räumlichem Umbau

2. zu strukturellen Barrieren

  • Angemessene und unkomplizierte Vergütung des Mehraufwands, zum Beispiel über die Einführung entsprechender Einheitlicher Bewertungsmaßstäbe (EBM)
  • Vereinfachung der Erlangung einer Behandlungsermächtigung für eine ambulante Versorgung im Krankenhaus
  • Entwicklung eines bundeseinheitlichen Beratungs- und Zertifizierungssystems für Arztpraxen, das die Bedürfnisse aller Behinderungsarten berücksichtigt.

3. zu Einstellungsbarrieren

  • Aufnahme von Frauen und Mädchen mit Behinderung in den Aus- und Weiterbildungskatalog, von Gynäkologinnen und Gynäkologen, Hebammen (sowie weiteren relevanten Berufsgruppen)
  • Durchführung generell bewusstseinsbildender Maßnahmen

4. zu fehlenden Fachkenntnissen

  • Aufnahme von Mädchen und Frauen mit Behinderung als Zielgruppe in die medizinische und therapeutische Aus- und Fortbildung
  • Schaffung von Wissenstransfer, zum Beispiel über eine Internetplattform oder die Erarbeitung von Leitlinien

5. zu fehlenden Informationen

  • Grundsätzliche barrierefreie Gestaltung von Webseiten und Informationen im Bereich Gynäkologie, Sexualität, Schwangerschaft und so weiter.
  • Übernahme von Good-Practice Beispielen in den Regelbetrieb sowie Sicherstellung der Finanzierung des Mehraufwands
  • Information durch geschultes Personal in Einrichtungen der Behindertenhilfe.

Zum Nachlesen

Abschlussbericht zum Vorhaben „Evaluation von Spezialambulanzen und gynäkologischen Sprechstundenangeboten zur gynäkologischen und geburtshilflichen Versorgung von Frauen mit Behinderung" der Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Arbeitsgruppe 7 – Umwelt und Gesundheit, Prof. Dr. Hornberg, Claudia et al (2019), Bielefeld:

Beispielhafte Webseiten zu barrierefreien Arztpraxen



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