Ist Gendern in der Behindertenpolitik nicht mehr nötig?

In Zeiten, in denen der von vielen angestaubt geglaubte Feminismus eine Renaissance erlebt und es wieder angesagt ist, sich als Feministin zu outen, scheint dieser Trend an der Behindertenpolitik vorbei zu gehen.

Ampel mit grüner Ampelfrau
Foto: Weibernetz

Nach den Fortschritten im Sozialgesetzbuch 9 und in der UN-Behin­derten­rechts­kon­vention tun sich aktuell Gräben auf bei der Evaluierung des Behin­der­ten­gleich­stellungs­gesetzes oder im aktuellen Teilhabebericht der Bundesregierung.

Hinsichtlich des Behindertengleichstellungsgesetzes wird derzeit diskutiert, ob es noch zeitgemäß sei, im Gesetzestext auf die Berücksichtigung der besonderen Belange behinderter Frauen hinzuweisen. Denn die Meisten wüssten eh nicht, was denn überhaupt frauenspezifische Belange seien.

Oder nehmen wir den neuen Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Dieser soll zwar der Frage nachgehen, inwieweit Frauen und Männer mit Beeinträchtigungen Nachteile aufgrund ihres Geschlechts erfahren. Es gibt auch diverse geschlechtsdifferenzierte Statistiken. Doch im Text wird oft auf eine Geschlechterdifferenzierung verzichtet, bei manchen Themenfeldern fehlt sie fast gänzlich. So entsteht bei flüchtigem Lesen der Eindruck der Gleichheit zwischen den Geschlechtern.

  • Doch warum ist die differenzierte Betrachtung der Lebensweisen in der Behindertenpolitik offenbar so schwer, wird als sperrig empfunden und negiert?
  • Verpasst die Behindertenszene gerade den Anschluss?
  • Oder ist es ihr schlicht egal?
  • Nervt es, dass immer wieder die Frauen kommen und auf ihre Mehrfachdiskriminierungen aufmerksam machen?

Es wäre ein Rückschritt, wieder hinter die Zeit des alten Jahrtausends zurück zu fallen und überall verallgemeinernd den Terminus Menschen mit Behinderungen zu verwenden. Antidiskriminierungspolitik ist nicht eindimensional; ebenso wenig kann und darf es Behindertenpolitik sein.

Eine fortschrittliche, vorwärts-gewandte Behindertenpolitik muss vielmehr durchgängig mehrdimensionale Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der sexuellen Identität, des Alters, des Geschlechts, der Religion etc.zunächst einmal wahrnehmen und gemeinsam mit den unterschiedlich diskriminierten Menschen nach Lösungen suchen!



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