10 Jahre Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Was hat es uns gebracht?

Es war vor 10 Jahren ein Riesenerfolg, das Antidiskriminierungsgesetz, auf das wir so lange gewartet und für das wir so gekämpft hatten! Es war lange Zeit nicht klar, dass wirklich alle Diskriminierungsmerkmale im Gesetz aufgenommen werden. Da das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorrangig vor Diskriminierungen in der Arbeitswelt schützt, waren hier die Befürchtungen vor Klagewellen riesengroß. Wir wissen heute, dass diese ausblieben; vielmehr gelang es mehr und mehr eine Antidiskriminierungskultur zu etablieren.

Was hat uns das Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gebracht?

Sexuelle Belästigung in der Arbeitswelt wird mehr geächtet, geschlechtsspezifische Versicherungsprämien kamen unter die Lupe, Diskriminierungen behinderter Menschen bei der Urlaubsbuchung, der Vermietung von Wohnraum, in der Arbeitswelt werden mehr und mehr geächtet.

Es gibt eine bundesweite Antidiskriminierungsstelle mit einer kostenlosen Beratungsstelle, die in vielen Fällen der Diskriminierung sowohl aufklären als auch „schlichten“ konnte, indem sie an die Diskriminierer_innen schrieb. Außerdem legt die Antidiskriminierungsstelle den Finger immer wieder in die Wunde und betreibt eine aktive Öffentlichkeitsarbeit zu einer Kultur der Antidiskriminierung.

Auch mit Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden nach wie vor zu viele Menschen diskriminiert. Das kann ein Gesetz wohl nicht aufhalten. Aber es setzt klare Signale und gibt die Möglichkeiten zur Klage, auch wenn es gerade beim Punkt der Klage viel Kritik gibt.

Was muss besser werden?

„Der Schutz vor Diskriminierung muss auf private Anbieter ausgeweitet werden“

lautet eine Forderung von Seiten behinderter Menschen. Generell stellen viele fest, dass es viel zu wenige Klagen gibt angesichts der Vielzahl von Diskriminierungsfällen; ein Indiz dafür, dass der Klageweg offensichtlich zu beschwerlich ist für die einzelne diskriminierte Person.

Die Antidiskriminierungsstelle hat eine Evaluation des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in Auftrag gegeben. Unter der Lupe geschaut, gibt es eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen.

Einige davon im Überblick:

  • Statt innerhalb von zwei Monaten gegen eine Diskriminierung zu klagen, werden sechs Monate gefordert.
  • Auch Antidiskriminierungsverbände sollen das Recht auf Klagen haben, um für betroffene Personen Prozesse führen können.
  • Wenn behinderten Menschen die angemessenen Vorkehrungen nach der UN-Behindertenrechtskonvention verwehrt werden, soll dies als verbotene Diskriminierung festgeschrieben werden, um sie besser vor Gericht einklagen zu können. Eine angemessene Vorkehrung ist eine Einzelfallmaßnahme zum Schaffen von Barrierefreiheit, sofern diese grundsätzlich nicht gegeben ist.
  • Der Schutz vor sexueller Belästigung soll auf alle Lebensbereiche ausgeweitet werden. Bislang gilt der Schutz nur am Arbeitsplatz.
  • Diskriminierungen sollen im Gesetz auch so benannt werden, nicht wie bisher als Benachteiligungen.
  • Der Begriff der Behinderung soll so weit gefasst werden wie in der UN-Behindertenrechtskonvention.
  • Begriffe wie „Rasse“ sollen klargestellt werden.
  • Die „Kirchenklausel“ soll gelockert werden und nur noch für den verkündigungsnahen Bereich gelten, nicht aber für Erzieher_innen, Ärzt_innen und so weiter. Bislang ist es Einrichtungen von Religionsgemeinschaften erlaubt, Beschäftigte wegen ihrer Religionszugehörigkeit oder Verletzung von religiösen Verhaltensweisen zu diskriminieren, zum Beispiel weil sie lesbisch oder schwul sind.
  • Die Antidiskriminierungsstelle soll gestärkt werden mit einem eigenen Klagerecht.

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